Die Gründung der Schützen-Gesellschaft Cappel im Jahre 1837
Lange Zeit gab nur die alte Traditionsfahne mit der Aufschrift "Stift Cappel 1837" (sie ist auf der Titelseite abgebildet) dem Verein die Gewißheit, daß er seit 1837 besteht. Außer noch durch mündliche Überlieferungen konnte diese Tatsache über lange Zeit sonst nicht belegt werden. Dank der Bemühungen des Stellvertr. Vereinsführers Paul Eickhoff fanden sich im Staatsarchiv Detmold Schriftstücke des Vereins aus dem Jahre 1839 wieder, nach denen seit 1837 in Cappel Schützenfeste gefeiert werden. Diese Schriftstücke wurden zum Teil in den seit 1971 alljährlich erscheinenden Sonderbeilagen "Cappeler Schützenfest"in der Tageszeitung "Der Patriot" vom Schützenbruder Paul Eickhoff veröffentlicht.Der Antrag des Vorstandes des Schützenvereins Cappel vom 1. Juni 1839, gerichtet an die "Hochfürstlich Lippische Regierung zu Detmold", ist das bis heute älteste Dokument, welches einen Hinweis auf das Bestehen eines Schützenvereins in Cappel ab 1837 gibt. Der Antrag befindet sich im Original im Staatsarchiv Detmold und hat folgenden Wortlaut:
"Unterthänigst gehorsame Vorstellung und Bitte des Schützenvorstandes zu Stift Cappel um eine Beisteuer zu dem jährlichen Schützenfeste aus der Stiftskasse. In früheren Jahren bestand hierselbst die Gewohnheit, daß den hiesigen Eingesessenen, sowie denen auf dem Stifts-Hofe-Saat wohnenden Eigenbehörigen jährlich, gewöhnlich im Monat Mai oder Juni, eine Festlichkeit unter dem Namen des Pfingstbieres vom Stifte bereitet und die Kosten für Bier und Musik, welche dabei gegeben wurden, aus der Stiftskasse bezahlt. Seit dem Tode der letztverstorbenen hochseligen Frau Äbtissin aber ist diese Gewohnheit aus uns unbekannten Gründen eingegangen. Da nun seit zwei Jahren hierselbst ein Schützenfest zu Stande gekommen und gefeiert wird, dem Schützenverein aber zur Bestreitung der Kosten ein fester Fonds mangelt, und die Mehrzahl der Mitglieder keinen großen Beitrag zu leisten im Stande sind, so ergeht an Eure Hochfürstliche Lippische Regierung unsere unterthänigste gehorsame Bitte, die früherjährlich aus der Stiftskasse für dieß gedachte Pfingstbier bezahlten Kosten jetzt dem Schützenverein zu den Schützenfest-Feierlichkeiten gnädigst zu bewilligen und zu Theil werden zu laßen". Stift Cappel, den 1. Juni 1839 Der Vorstand des Schützenvereins (Staatsarchiv Detmold, Signatur STAD L 80 1 a. Gr. XXI Tit. 11 Nr. 5) St. Willbrand G. Meyer Fr. Trockel Andreas Osterhoff Stern |
Der von der Hochfürstlich-Lippischen Regierung zu Detmold zur Stellungnahme aufgeforderte Rentmeister Schippmann zu Cappel spricht sich in seinen Schreiben vom 13. Juni 1839 und 4. Juli 1939 für eine Unterstützung des Schützenvereins aus. Seine Stellungnahmen haben folgenden Wortlaut:
"An die Hochfürstlich Lippische Regierung zu Detmold. Der Rentmeister Schippmann berichtet gehorsamst auf die ihm von Hochfürstlicher Regierung zum Bericht im Orig. communicirte und hierbei zurück erfolgende Vorstellung des hiesigen Schützenvorstandes. Es bestand hier, wie in der hierbei zurückerfolgenden Vorstellung des hiesigen Schützenvorstandes gesagt werden, früher die Gewohnheit und wurde jährlich den hiesigen Einwohnern so wie den auf der Stifts-Hofesaat wohnenden Eigenbehörigen im Münsterlande, dafür daß sie jährlich, kurz vor Pfingsten die Fußwege auf dem hiesigen Stiftsplatze sowie die Fußallee vor dem Stifte unentgeltlich schäufelten und rein machten, gleich nach Pfingsten an einem Sonntagnachmittage ein Fest unter dem Namen des Pfingstbieres gegeben, wobei getanzt wurde. Die Kosten für Bier und Musik, wofür im Stiftsetat unter Tit: VI, Nr. 3 derAusgabe 6rE ausgewiesen, wurden aus derStiftskasse bezahlt. Die Frau Äbtissin gab jedesmal auch ein Douceur (= Trinkgeld), gewöhnlich 1 Louidor, welcher dann mit zu diesem Feste verwendet wurde. Bis zum Tode der hochseligen Frau Äbtissin hat diese Gewohnheit stattgefunden. Da aber dieses Fest, weil es an einem passenden Tanzlokal fehlte, entweder in einem der Viehhäuser auf dem Stiftsplatze, oder auf dem Boden über der Pforte gefeiert wurde, so entstanden fast jedesmal beim Tanzen, weil sich manche ungebetene Gäste aus der Nachbarschaft mit einschlichen, unangenehme Auftritte und Verdrießlichkeiten, und weil die Eigenbehörigen in letzter Zeit doch wenig Lust mehr bezeigten einen unentgeltlichen Handdienst zu leisten,so wurde nach dem Tode der hochseligen Äbtissin das Schäufeln und Reinigen der Fußwege, für Geld aus der Stiftskasse bestritten, und diese Festlichkeit dagegen aufgehoben. Das seit ein paarJahren hier veranstaltete Schützenfest wird etwas großartig gefeiert und verursacht der Gesellschaft jährlich bedeutende Kosten, welche von den hiesigen Einwohnern nicht wohlgetragen werden können, weil der größte Theil derselben zu solchen Lustbarkeiten nichts übrig hat. Es würde der hiesigen Schützengesellschaft daher die nachgesuchte Beisteuer, wenn das Schützenfest bestehen soll, sehr gut zu statten kommen. Stift Cappel, den 13ten Juny 1839 A. Schippmann |
An die Hochfürstliche Lippische Regierung zu Detmold. Der Rentmeister Schippmann berichtet auf das Rescript Hochfürstlicher Regierung vom 18 ten v.M. über die Einrichtung und Feier des Schützenfestes zu Stift Cappel: "Daß hiesige Schützenfest wird erst seit 3 Jahren gefeiert, wer die erste Ide dazu angegeben undsolches eigentlich veranlaßthat ist mir nicht genau bekannt. Die Schützengesellschaft besteht nicht allein aus hiesigen Einwohnern, sondern es nehmen auch viele benachbarte aus dem Münsterlande Antheil daran. Der jährliche Beitrag den die wirklichen Mitglieder der Schützengesellschaft zurBestreitung der Festlasten zu zahlen haben ist auf 18 Mgr. (Mariengroschen) festgesetzt. Diejenigen welche nur bloße Zuschauer und nur an der Tanzbelustigung Theil nehmen wollen, bezahlen 12 Mgr. Das Fest selbst wird auf einem Platze im grünen gefeiert, es wird nach einem Vogel geschoßen und unter einem Zelte getanzt. In den Jahren 1837 und 1838 hat die hiesige Schützengesellschaft das Tanzzelt von den Schützenverein in Lippstadt geliehen, welches Ihr jährlich eine Miethe und sonstige Unkosten 15 Rtl. gekostet. In diesem Jahre aber hat sie, weil mehrere Colonen im Münsterlande, sowie einige hiesige Einwohner, freiwillig und unentgeltlich Holz und Leinwand geschenkt haben, sich selbst ein neues Tanzzelt bauen laßen. Die Erbauung dieses neuen Zeltes hat die Schützengesellschaft, obschon viele freiwillige Beiträge geleistet worden sind, dennoch bedeutende Kosten verursacht, welche aus der diesjährigen Einnahme nicht ganz gedeckt werden können, so daß sie einige Schulden behalten hat, welche sie aber in künftigen Jahren, da das Fest sich jährlich vieler fremder Besucher zu erfreuen hat, wieder zu decken hofft. Was die regen des Festes anbelangt, so kann solches so lange es auf die bisherige Art gefeiert wird, als ein sehr anständiges Fest deren Erholung und geselligen Vereinigung der Teilnehmer betrachtet werden, denn in den 3 Jahren daß solches gefeiert worden, ist nicht die geringste Unordnung und Unanständigkeit dabei vorgefallen, sondern immer in Fröhlichkeit und Eintracht gefeiert und scheint ein gutes Mittel zu sein ein anständiges Betragen zu befördern. Es haben auch mehrere Leute aus Lippstadt und der hiesigen Umgegend welche dem Feste beigewohnt haben, demselben ihren vollen Beifall bezeugt. Hiernach kann die Anstallt also mit Recht wohl der Unterstützung empfohlen werden" Stift Cappel den 4 ten July 1839 A. Schippmamm (Staatsarchiv Detmold L 80 Ia Gr. XXI Tit. 11 Nr. 5) |
Aufgrund dieser wohlwollenden Stellungnahmen des Stifts-Rentmeisters Schippmann bewilligt die Regierung zu Detmold am 9. August 1839 eine jährliche Beisteuer zum Cappeler Schützenfest.
Über die Schützenfeste in Cappel erscheinen im vergangenen Jahrhundert in aller Regel Vorankündigungen des Vorstandes bzw. Werbeanzeigen des Festwirtes im Wochenblatt für den Kreis Lippstadt. 1835 und 1836 erscheinen keine dieser sonst üblichen Mitteilungen, was darauf schließen läßt, daß in diesen Jahren noch keine Schützenfeste gefeiert wurden. Die Jahrgänge 1837 bis 1839 des im Stadtarchiv Lippstadt archivierten Wochenblattes für den Kreis Lippstadt, die sicherlich mehr Aufschluß über die ersten Schützenfeste und ggf. über die Gründung des Schützenvereins geben könnten, sind leider verschollen und auch in anderen Archiven (Institut für Zeitungsforschung Dortmund und Standortkatalog der deutschsprachigen Periodika, Universität Bremen) nicht aufzufinden. Im Wochenblatt für den Kreis Lippstadt erscheint am 16. Mai 1840 (Ausgabe 20, Seite 158) sowohl eine Anzeige des Festwirtes Roolf als auch die Vorankündigung des Schützenvorstandes für das am 24. und 25. Mai 1840 geplante Schützenfest:
"Am 24. und 25. Mai dieses Monats Mai wird das hiesige Schützenfest gefeiert. Freunde des geselligen und ländlichen Vergnügens werden mit den Bemerken höflichst dazu eingeladen, das Alles aufs angenehmste eingerichtet ist, und für gute Musik und Erfrischungen bestens gesorgt sein wird. Stift Cappel, den 15. Mai 1840 Der Vorstand " |
"Bei der Feier des diesjährigen Schützenfestes, das am24. und 25. diesen Monats stattfinden wird, werde ich durch guten Wein und sonstige Erfrischungen für die Zufriedenheit der verehrten Gäste Sorge tragen, und mir die prompte und billige Bedienung angelegen sein lassen, es bitten daher um recht vielen geneigten Zuspruch. Stift Cappel, den 15. Mai 1840 A. Roolf" |
Das Schützenfest am 24. und 25. Mai 1840 muß sprichwörtlich ins "Wasser gefallen" sein; denn bereits eine Woche später, am 30. Mai erscheint in besagtem Wochenblatt eine erneute Anzeige des Schützenvorstandes (Seite 174):
"Da die Feier des Schützenfestes am 24. und 25. d.M. durch eingetretener Regenwetter gestört worden ist, so wird am Sonntag, den 31. d.M. nachmittags eine Nachfeier auf dem hiesigen Schützenplatze stattfinden, wozu Freunde des geselligen Vergnügens ergebenst einladet. Stift Cappel, den 29. Mai 1840 Der Vorstand" |
Im Wochenblatt für den Kreis Lippstadt vom 29. 8. 1846 (Nr. 35) ist die Einladung des Schützenvorstandes vom 29. 8. 1846 für den am 2. September 1846 stattfindenden Schützenball abgedruckt. Ähnliche Anzeigen finden sich in fast allen Jahrgängen des Wochenblattes für den Kreis Lippstadt und später auch in den Ausgaben der Tageszeitung "Der Patriot".Diese Anzeigen tragen dazu bei, einige Lücken in der noch recht unvollständigen Geschichte der Schützengesellschaft des vergangenen Jahrhunderts zu schließen. In den Jahren 1870/71 fallen die Schützenfeste in Cappel vermutlich wegen des Deutsch Französischen Krieges aus. Diese Vermutung wird dadurch erhärtet, daß im "Patriot" in diesen Jahren keine Anzeigen des Vorstandes und des Festwirtes zu finden sind.
Der erste namentlich bekannte Schützenkönig von Cappel ist August Roolf. Er schießt 1878 den Vogel ab und erkürt sich Gertrud Schulze Böbbing zur Königin. Eine Auflistung aller namentlich bekannten Königspaare befindet sich an anderer Stelle dieser Festschrift. Wegen Streitigkeiten im Verein fällt das Schützenfest 1889 aus (Signatur: Staatsarchiv Detmold L 77,A Nr. 5146, s. auch Sonderbeilage "Schützenfest Cappel" zum "Patriot" 1978). Die letzten drei Schützenfeste des vergangenen Jahrhunderts (1897-1899) werden Zeitungsnotizen zufolge an jeweils zwei Tagen im Mai gefeiert. Die Wirtschaft wird den Wirten Wilhelm Trockel bzw. W Roolf übertragen. Als Schützenplatz dient im vergangenen Jahrhundert ein an der Detmolder Straße (heute Cappeler Stiftsallee) gelegener Kamp gegenüber dem Anwesen Loddenkemper. Im Jahre 1900 entwickelt sich aus der Schützengesellschaft Cappel der Cappeler Schützenverein. Bereits vor 150 Jahren gehörten der Schützen-Gesellschaft Cappel viele Angrenzer aus den ehemaligen Liesborner Bauerschaften Suderlage und Hentrup an. Dieses kommt bereits in alten Satzungen zum Ausdruck, in denen von derBildung einer Schützengesellschaft im Jahre 1837 "in Cappel und Umgegend"die Rede ist. Die enge Bindung der Bewohner aus diesen Bauerschaften (hierzu gehörte auch der sog. "Boom") zur Schützengesellschaft Cappel hat seine historische Ursache sicherlich in der Abhängigkeit vieler Bauern und Kötter dieser Region zum Stift Cappel, zu dem sie sich vielfach in einem Hörigkeits- bzw. Leibeigenschaftsverhältnis befanden und für das sie Hand- und Spanndienste zu leisten hatten, die 1852-56 in Geldrenten abgelöst wurden. So hatten die Eigenbehörigen aus dem Münsterlande und die Einwohner von Cappel unentgeltlich vor Pfingsten - wie bereits eingangs erwähnt - für die Reinigung der Fußwege auf dem Stiftsplatze sowie der Fußallee vor dem Stift zu sorgen. Als Anerkennung hierfür wurde alljährlich auf Kosten des Stiftes eine Festlichkeit mit der historischen Bezeichnung "Pfingstbier"für die Einwohner von Cappel und die Angrenzer aus Liesborn veranstaltet. Dieses gemeinsame Feiern hat sich auf die Schützen-Gesellschaft übertragen und bis heute erhalten.